"Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern!!!"

Montag, 3. Juni 2019

Noch ein Jahr?



Einige haben es vielleicht schon munkeln hören....

Ja! ich habe mich nun tatsächlich dafür entschlossen noch ein 

zweites Jahr hier zu bleiben um meine Arbeit zu vertiefen und weiter 

auszubauen.



Der Text ist schon vor über einen Monat entstanden, also hat sich seit dem schon wieder viel getan. Einige meiner Ideen und Pläne sind sogar schon Realität geworden und andere ganz neue wurden geboren.....

Also hier nun einen kleinen Einblick



Motivationsschreiben 


Hier in Horizonte Azul gibt es zwei Gärten, die Horta Produtiva (produktiver Garten) und die sogenannte Horta Educativa (edukativer Garten), in dem aber leider kaum Kinder zu finden sind.
Horizonte Azul ist aber natürlich voll von Kindern. Staunende, neugierige Kinder voller Interesse für die Welt und ganz besonders für alles, was man beobachten und anfassen kann. Voller Kraft und Energie, voller Drang etwas zu tun, etwas Sinnvolles zu schaffen.
Wie wertvoll und wie unglaublich wichtig ist es für die Kinder einen Bezug zur Natur zu entwickeln, zu lernen sich um sie zu kümmern. Besonders hier in der Stadt bzw. Peripherie wo so gut wie jeder Freiraum mit Müll überladen wird und die Flüsse faulig oder nach Chemie riechen…..
Vor einiger Zeit ist hier schon eine Idee geboren worden, deswegen trägt unser Garten auch den Namen Horta Educativa. Die Tür steht offen, jeder kann hereinkommen und sich umschauen und ab und zu malen Schüler die Mauern schön bunt an….
Aber die regelmäßige Zusammenarbeit mit den Kindern der Chácara ist noch recht schwach ausgebaut.
Das möchte ich gerne ändern.
Eigentlich sind alle Seiten offen und begeistert dafür, die Menschen, die in den Gärten arbeiten, so wie die Klassenlehrerinnen. Es fehlt nur noch die Verknüpfung, die Initiative und die Organisation.
Das was ich dieses Jahr hauptsächlich lerne, ist es den Mut zu haben einfach etwas auszuprobieren, zu schauen was daraus entsteht, zu reflektieren und zu verbessern.
In meinen Gebieten finde ich mich jetzt gut zurecht. Mal geht was schief, weil ich falsch einschätze, aber ich finde immer wieder einen guten Weg zu unterrichten und habe allgemein einen guten Draht zu den Kindern.
Ich habe den Traum selber das Projekt der Handlungspädagogik mit den Kindern in den Gärten zu starten und wünsche mir sehr, dass diese Vision Wirklichkeit werden kann.

Die Arbeit mit den Jugendlichen bringt mir sehr viel Freude. Es ist wunderbar ihre Faszination für die Geige zu sehen und ihre Bemühung darauf spielen zu lernen zu unterstützen. Ich bewundere die Jugendlichen, die jetzt mit dem Geigenunterricht anfangen wirklich, denn das heißt, in der Zeit zum freien Spielen Einzelunterricht zu haben, etwas Neues, noch Schwieriges zu üben, immer wieder, mit Konzentration bis es besser wird und schließlich klappt. Sie haben Ausdauer und werden richtig ehrgeizig, wollen es immer nochmal versuchen, wenn sie einen Fehler gemacht haben.
Jetzt wo ich so viele jugendliche Schüler habe (11), bin ich richtig motiviert mit ihnen etwas weiter zu entwickeln, auch mit kleinem Ensemblespiel und den Besuchen von klassischen Konzerten, was ich jetzt angefangen habe zu planen.
Es wäre echt toll, wenn diese Jugendlichen die Möglichkeit haben eine längere Zeit regelmäßig Geigenunterricht zu haben.
(was schwierig ist, wenn immer wieder neue Freiwillige kommen, die sich erst einmal langsam einfinden müssen)

Ich fühle mich hier auf der Arbeit richtig wohl, es ist etwas, was ich sehr gerne mache und wo ich gerne all meine Kraft und Zeit hinein investiere.
Es ist so schön die Entwicklungen der Kinder und Jugendlichen zu sehen, dazu beizutragen und zu spüren, wie ich mich selber dadurch entwickle, dass wir die ganze Zeit in Interaktion sind.
Über die Zeit fasse ich immer besser und besser hier Fuß, fühle mich inzwischen so zu Hause, dass ich viel mehr Energie habe, für die Arbeit und generell Kontakt zu den Menschen aufzubauen. Alles geht immer weiter Berg auf und nun wäre es optimal, die Zeit von einem weiteren Jahr für weitere Entwicklungen zu haben. Ich bin sehr motiviert hier noch vieles Neues entstehen zu lassen. Hier ist ein Ort voller Möglichkeiten und Initiativen werden gerne aufgenommen.


Dienstag, 23. April 2019

2. Zwischenbericht


Vor einer Weile sollte ich meinen 2. Zwischenbericht für die Freunde der Erziehungskuns schreiben, nun werde ich ihn in etwas erweiterter Form auch hier veröffentlichen.

Viel Freude beim Lesen.



Meine 2.Klässler sind nun 3.Klässler und das macht tatsächlich einen großen Unterschied, sie sind nach den langen Ferien alle ein großes Stück reifer zurückgekommen, und sie haben jetzt insgesamt viel mehr Unterricht und weniger Zeit zum freien Spielen. Es sind Musik und Eurythmieunterricht dazugekommen.
Aber konkret zu meiner Arbeit mit ihnen, ich habe mich entschieden sie jetzt in Zweierpaaren jeweils ungefähr 40 min zu unterrichten. Sie haben sich alle sehr gefreut jetzt einen Kameraden dabei zu haben, bei einigen ist das aber zu Chaos ausgeartet, deswegen war ich die ersten Wochen manchmal ganz schön überfordert, und musste diese Paare etwas tauschen und im Moment habe ich 5 Kinder, die ich lieber noch alleine unterrichte. Nach einigen Wochen habe ich gemerkt, dass ich an meiner Unterrichtsart auch grundlegend etwas ändern muss und jetzt war ich fleißig am überlegen, wie ich das Spielen nach Noten einführen kann und am Notenschreiben. Das klappt nun erstaunlich gut und ich bin wirklich froh diesen Schritt gegangen zu sein, es ist toll zu sehen, wie die Kinder sich bemühen, die Noten und das, was sie auf der Geige schon kennen zusammenzubekommen und sich freuen wenn sie es verstehen und es Sinn ergibt, auch wenn es erst einmal nur leere Saiten waren.
Mit ungefähr der Hälfte der Kinder habe ich es jetzt schon geschafft ein kleines Lied wie „Brilha brilha estrelinha“ Melodie von „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ zu spielen. Manchmal wollen einige nicht mit zum Geigenunterricht, weil sie in der Pausenzeit lieber spielen wollen, aber wenn ich wie letztens tatsächlich mal einen Tag krank war werde ich dann wenn ich wieder da bin die ganze Zeit gefragt warum ich nicht da war um Stunde mit ihnen zu machen und wann sie dann endlich wieder haben… ;)
Eine weitere Veränderung in Bezug auf meine Klasse ist, dass ich jetzt immer mittags bei ihnen esse. Das heisst, ich gebe mit den Lehrerinnen das Essen mit aus, dann singen wir noch einige Lieder, beten und essen dann alle und eigentlich soll es still sein, aber so ganz klappt das nach einigen Minuten meistens nicht mehr und von den Kindern die um mich herum sitzen werden mir Fragen gestellt oder kleine Dinge erzählt, da bin ich immer in einer Zwickmühle zwischen wirklichem Interesse mit ihnen zu reden und sich aber auch an die Regeln zu halten ;) Danach wird abgespühlt und dann gehe ich noch kurz in meinen Geigenunterrichtsraum zurück, schreibe was über die Unterrichte auf, bereite vor und schon ist es 13:00 und es gehts weiter mit den nächsten Kindern.
Es ist ein bisschen verrückt, ich habe nun insgesamt 41 Geigenschüler/innen. 29 davon aus der Schule, da ich noch drei 4.Klässler unterrichte, die erst dieses Jahr dazu gekommen sind. Meistens sind einige pro Woche nicht da aber es ist echt viel und nach einem Arbeitstag bin ich schon recht erschöpft.
Donnerstags habe ich jetzt angefangen in meiner Klasse Englischunterricht zu geben. Das ist eine wirklich große Herausforderung und tatsächlich auch immer wieder eine Überwindung. Einige gute Unterrichtsstunden habe ich nun schon hinbekommen, aber manchmal ist auch schon richtig Chaos ausgebrochen und eine der Klassenlehrerinnen kam und musste für Ruhe sorgen. Erst habe ich versucht die ganze Stunde nur Lieder und Verse zu machen, aber das hat sich Nachmittags, als schwierig herausgestellt und so haben wir jetzt angefangen auch kleine Dinge aufzuschreiben. Für einige Kinder (8) die mit dem Schreiben und Lesen selbst auf Portugiesisch noch unsicher sind ist das vielleicht nicht ganz das Richtige, aber allgemein zentriert das hinsetzten und etwas auf Papier bringen sehr und ein bisschen mit malen verpackt, denke ich, dass ich es jetzt gut weiter schaffen werde mit dem Englischunterricht. Ich habe nicht diese Autoritätsstärke, die die beiden Klassenlehrerinnen haben, aber mit kleinen Tricks kann ich es schon schaffen die ganze Klasse zum mitmachen zu bringen. Der Englischunterricht ist meine größte Herausforderung hier, aber wenn tatsächlich etwas klappt ist es wirklich toll. Das Gefühl, dass gerade 26 Kindern, die eigentlich nur Portugiesisch sprechen gerade auf Englisch mit mir etwas singen, (was auch gar nicht meine Sprache ist, sondern eine Sprache wo ich unsicher bin und die mir fremder ist als Portugiesisch selber) ist schon verrückt, aber ziemlich cool ;)

Dieses Semester habe ich außerdem den Entschluss gefasst, es doch noch einmal auszuprobieren mit den Kleinkindern in der Crêche zu arbeiten.
Als ich damals mein Rodízio dort gemacht habe, war ich komplett überfordert, wusste nicht was ich mit diesen kleinen Kindern anstellen sollte, habe nicht richtig verstanden, was die Erzieherinnen zu mir gesagt haben und fand es schrecklich, dass so viel geweint wurde, dort wollte ich auf jeden Fall nicht weiter arbeiten.
Nun wollte ich dieses Jahr aber nicht komplett verstreichen lassen, ohne doch noch näher die Erfahrung zu machen und mich dort irgendwie hineinzufinden. Jetzt bin ich also immer freitags den ganzen Tag in den Crêche. Den ersten Tag war ich bei den 3jährigen und das war ein richtiges Aha Erlebnis, ich konnte verstehen, was die Erzieherin mir erklärte, was die Kinder mir kleines sagen wollten und war plötzlich ganz fasziniert von ihrer kleinen Welt. Mir hat es richtig Freude gemacht mit ihnen zu spielen, die Blicke zu suchen und zu lachen. Einmal hat mich Christina sogar eine Weile alleine mit 10 Kindern beim Essen gelassen und ich habe einfach weiter gesungen und habe es geschafft die Gruppe zu halten. Die letzten Wochen war ich allerdings dann bei noch einer jüngeren Gruppe von 1-2jährigen, manche laufen noch nicht richtig und sie sind alle zum ersten Mal den Tag von zu Hause weg. Am Anfang wurde sehr sehr viel geweint und die Kinder haben sich nur auf dem Arm beruhigt, aber jetzt nach einigen Wochen spielen die meisten echt friedlich und ich bin am entdecken, kleine Spiele mit ihnen zu finden. Mit den ganz kleinen ist es für mich noch nicht leicht, da sie nicht wirklich reden und ich mich deswegen auch nicht wirklich traue sicher mit ihnen zu reden, obwohl sie ja gut verstehen, aber so suche ich mehr Spiele über Blickkontakt. Es ist interessant einmal die Woche einen so ganz anderen Tag zu haben, so ganz andere Menschen, eine so andere Art in Kontakt zu treten. Ich freue mich auf den Tag in der Crêche. Ein großer Teil meiner Aufgabe ist es dort auch abzuspülen und beim Putzen zu helfen. Wir haben nämlich 5 Malzeiten und so fällt viel praktische Arbeit an. Das ist sehr angenehm, ich habe was sinnvolles zu tun und kann etwas entspannen von der Verantwortung den ganzen Rest der Woche Unterricht zu geben.

Zurück zum Geigenunterricht. Nach den Ferien habe ich mit vielen neuen Jugendlichen aus den Hortgruppen angefangen. Die Meisten morgens, noch bevor ich mit meiner Klasse anfange, aber einige auch Nachmittags noch danach. Der Unterricht mit ihnen macht mir sehr viel Freude, da es etwas ganz neues für sie ist und sie so motiviert sind. Für einige ist die Erfüllung eines Traumes, die Geige zu halten und darauf spielen zu können. Ich habe jetzt eine Geige oben im Büro deponiert, die sie sich immer ausleihen können wenn sie freie Zeit haben. So viel wird das noch nicht ausgenutzt, weil es für sie natürlich schwer ist, sich aus der Freundesgruppe rauszulösen um etwas eigenens zu machen, aber manchmal höre ich jetzt von Ferne feine Geigenklänge :)
Aber auch wenn sie nur einmal die Woche im Unterricht spielen kommen wir gut voran. Es ist toll ihren Ehrgeiz zu sehen und zu unterstützen, wenn sie immer noch mal spielen wollen, bis es wirklich gut wird. Letzte Woche meinte ein Junge, als schon die nächste Schülerin reinkam „Mensch die Zeit vergeht einfach viel zu schnell in diesem Raum!“ wir hatten Unterricht noch vor seinem Frühstück gemacht ;)
Mit den Jugendlichen habe ich jetzt vor in die Sala Sao Paulo im Stadtzentrum zu einem Konzert von einem großen Orchester zu gehen. Dieses Wochenende werden wir zum ersten Mal gehen (Sonntags gibt es dort immer kostenlose Konzerte) und sie freuen sich schon sehr drauf. Die meisten von ihnen sind fast nie im Zentrum gewesen, geschweige denn bei einem Konzert von einem Orchester.

Womit ich mich hier generell noch mehr einbringen will ist das ganze Feld der Handlungspädagogik, praktische Arbeit, besonders im Garten. Viele kleinen Erlebnisse im Zusammenleben und etwas praktisches tun mit den Kindern und der Fakt, dass es hier eigentlich zwei Gärten gibt, wo ganz viel getan werden kann, haben mich die letzten Monate auf die Idee gebracht dort ein Projekt auf den Weg zu bringen.

Immer wieder erfahre ich ganz Neues, über die Menschen hier, erlebe erschreckendes und wunderschönes. Ich möchte die nächste Zeit gerne noch mehr auch neue Menschen kennen lernen, ihre Lebenssituation erleben. Nach der Arbeit bin ich meistens leider so erschöpft, dass ich froh bin mein vertrautes Umfeld in unserem Haus zum Entspannen und Vorbereiten von Neuem zu haben. Allerdings treibt mich immer mehr die Neugierde und ich möchte nun gerne versuchen mir noch mehr Zeit zum Erkunden und kennenlernen von Menschen unserer Umgebung zu nehmen. 

Hauptsächlich zwei Familien von meiner Arbeit haben sich als immer wichtiger und Anlaufpunkte entwickelt, dort verbringe ich am Wochenende häufig Zeit mit den unterschiedlichsten Familienmitglieder von Kindern bis Großeltern. Mit einer der Familien war ich auch in den Ferien fast 3 Wochen im Nordosten Brasiliens in den Orten wo sie herkommen und habe so noch sehr viel mehr über ihr Leben kennengelernt. 



Dienstag, 19. Februar 2019

Dezembro

Hier wurde es im Dezember immer heißer und heißer und die Stimmung hat ganz und gar nach Sommerferien gerufen. Weil es aber eben der Abschluss des ganzen Jahres ist, gab es unglaublich viel zu tun.
Wir haben mit vielen Mitarbeitern der Chácara ein Weihnachtstheater aufgeführt, eigentlich bestand es hauptsächlich aus Liedern und Tänzen und handelte von den unterschiedlichsten Menschen die zum Christuskind wandern um es zu beschenken und dort ein Fest zu feiern, es war eher fröhlich und bunt als ruhig und besinnlich, nur der Abschluss war etwas andächtiger, aber den Kindern hat es super gefallen.
Zum Jahresabschluss hatten die Kinder der 2. Klasse eine Epoche über die Geschichte des Franziskus von Assisi und dazu wurde auch ein Theaterstück aufgeführt. Ana-Elisa, die Klassenlehrerin hatte selber Lieder geschrieben und vertont und insgesamt war es ein wunderschönes Zusammenspiel von abwechselnd Singen, Sprachchor, individuellen Rollen und Abschlusstanz. Die Proben waren häufig noch etwas chaotisch aber ich war erstaunt, wie schnell die Kinder das ganze Stück auswendig konnten und wie achtsam und konzentriert sie bei den Aufführungen waren.
Ganz am Ende haben wir eine Aufführung für die Eltern gemacht, bei der alle Kinder vorher noch ein letztes Mal ihren Zeugnisspruch der 2. Klasse aufgesagt haben und danach alle Hefte und Handarbeiten ausgestellt und nach Hause mitgenommen werden durften.


Das Holzhäusschen, in dem mein Geigenunterricht stattfindet hat sich trotz aufreißen aller Fenster unglaublich aufgeheizt, die Luft stand und den Kindern und mir lief der Schweiß. Die Kinder wollten in den letzten Wochen einfach nur spielen und bei vielen war es schwer sie zum mitzukommen zu motivieren, denn die Geigenstunden bringen ihnen zwar Spaß aber sie sind auch anstrengend, weil sie alleine sind und sich konzentrieren sollen und unter diesen Umständen ist das natürlich umso schwerer.
Der Hit war Jingle Bells, ich habe den Refrain gesungen und die Melodie gespielt und sie haben abwechselnd auf der leeren G und D Saite den Rhythmus mitgespielt. (Jetzt nach den Ferien im Februar haben mich viele gefragt, ob wir es nochmal spielen können)